Donnerstag, 23. August 2007
Was Jan Tißler über sein Magazin UPLOAD sagt
Interview mit dem Journalisten und Buchautor Jan Tißler aus Schwerin über seine Online-Publikation „UPLOAD – Magazin für digitales Publizieren“ – und andere Aktivitäten
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Frage: Herr Tißler, in Ihrem sehr lesenswerten PDF-Magazin „UPLOAD“ mit der Adresse http://upload-magazin.de/magazin dreht sich alles um Weblogs, Podcasts, Wikis, PDF-Magazine und andere Möglichkeiten, Inhalte und Werke digital zu verbreiten. Welche dieser Möglichkeiten nutzen Sie selbst?
Antwort: Möglichst viele. Konkret gibt es bei UPLOAD neben dem PDF-Magazin derzeit das Weblog und den Podcast. Mit Wikis habe ich an anderer Stelle experimentiert. Mir ist es wichtig, dass ich weiß, worüber ich schreibe. Das gilt auch für die Gastautoren. Natürlich fehlt mir die Zeit, mich persönlich mit allem selbst zu beschäftigen und es im Detail auszuprobieren. Da freue ich mich immer, wenn ich jemanden finde, der Lust hat, darüber zu schreiben und sein Wissen weiterzugeben.
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Frage: In Ihrem UPLOAD-Weblog http://upload-magazin.de beobachten Sie Trends, testen Werkzeuge, stellen Menschen und gelungene Beispiele vor und geben nützliche und hilfreiche Tipps. Wie unterscheiden sich Ihr Weblog und Ihr PDF-Magazin?
Antwort: Beide Medien sind vom Charakter her sehr unterschiedlich und haben deshalb auch unterschiedliche Aufgaben. Das Weblog kann Texte fast beliebiger Länge und Menge darstellen. Es ist eher aktuell und schnell. Kurzmeldungen sind hier möglich, aber auch Ratgeber-Texte und Interviews. Das PDF-Magazin erscheint nur alle drei Monate und hat einen begrenzten Platz, kann dafür aber Texte zu einem Thema versammeln. Und genau das machen wir auch: Jedes PDF-Magazin hat einen Schwerpunkt. In der Erstausgabe ging es um Abmahnungen, in der nächsten ums Geld verdienen. Wir beleuchten das Thema aus möglichst vielen Richtungen und auf möglichst viele Arten. Das wäre in dieser kompakten Form im Weblog nicht möglich.
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Frage: Sie betreiben unter der Adresse http://upload-magazin.de/podcast einen Audio-Podcast, der wichtige Themen in einer Sendung zusammenfasst und berichtet, woran gerade im Hintergrund gearbeitet wird. Wer – so wie Sie – einen Audio-Podcast erfolgreich betreibt, könnte doch eigentlich auch einen Internet-Rundfunksender gründen?
Antwort: Ehrlich gesagt wäre das kleine UPLOAD-Team damit momentan überfordert. Selbst der Podcast erscheint nur sehr unregelmäßig. Ich finde das sehr schade und arbeite auch daran, weitere Mitstreiter dafür zu finden. Der Podcast macht mir Spaß, aber leider fehlt die Zeit, um ihn so gut zu machen, wie ich ihn gern hätte. Aber das kommt noch. Und wer weiß: Vielleicht senden wir dann irgendwann, in ganz ferner Zukunft, auch mal live ...
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Frage: Ihr Newsletter verschickt täglich oder wöchentlich die neuen Artikel aus dem UPLOAD-Weblog per E-Mail. Wird dieses Angebot reichlich genutzt?
Antwort: Aktuell sind es knapp 150 Abonnenten. Das ist nicht viel, aber ich sehe den E-Mail-Newsletter als einen wichtigen Service, um auch Leser außerhalb der Gruppe der Weblog- und Podcast-Fans zu bekommen. Die abonnieren sich hingegen eher den RSS-Feed, der momentan über 700 regelmäßige Leser hat.
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Frage: In Ihren Online-Publikationen informieren Sie über sehr viele Themen. Welches davon interessiert bisher Ihr Publikum am meisten?
Antwort: Die Leser merken, wenn Experten etwas von ihrem Insiderwissen weitergeben. Wenn Frank Helmschrott über das System Drupal schreibt, mit dem sich Webseiten verwalten und Weblogs erstellen lassen, dann merkt man an jedem Satz, dass er es bestens kennt. Trotzdem kann er die Vor- und Nachteile einem breiten Publikum verständlich vermitteln. Der Rechtsanwalt Thomas Schwenke wiederum hat viel Zuspruch für einen Artikel bekommen, in dem er die komplizierte Rechtslage bei der Haftung für Leserkommentare sehr einfach und nachvollziehbar dargestellt hat. Und ich hatte neulich viele Links und Kommentare bei einem Text, der Wege aufgezeigt hat, um neue Blogs zu entdecken. Sie sehen: Ein einzelnes Thema zu benennen fällt schwer. Aber es gibt sehr viel Interesse an fachlich fundierten und gut lesbaren Artikeln. Ich hoffe, dass es davon in den nächsten Wochen und Monaten noch ganz viele bei UPLOAD zu entdecken gibt. Mal sehen, wie uns das gelingt.
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Frage: Ihre interessanten Online-Publikationen eignen sich sicherlich gut für Werbung. Bekommen Sie Anfragen, ob Werbung bei Ihnen möglich ist und was antworten Sie dann?
Antwort: Grundsätzlich wird Werbung von vielen Nutzern akzeptiert, wenn sie interessant ist, zum Thema passt und vor allem nicht vom Inhalt ablenkt, aber ich werde meine Leser nicht verkaufen. Ich habe kürzlich eine recht lukrative Werbeschaltung fürs Weblog abgelehnt, weil mir die Zielseite der Reklame nicht gefiel. Ich konnte mich damit nicht identifizieren. Ich glaube, dass sich das langfristig auszahlt. Bezahlte Artikel im Weblog sind für mich beispielsweise schon hart an der Grenze des Zumutbaren.
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Frage: „UPLOAD“ ist – laut eigener Aussage – für Sie ein Experiment, für das Sie zwei Gründe erwähnen. 1. nutzen Sie die Chance, die Öffentlichkeit zu informieren. 2. haben Sie viel Spaß dabei. Ist der Spaß immer noch so groß wie zu Beginn?
Antwort: Er ist sogar größer geworden, weil die Rückmeldungen so klasse sind. Natürlich gefällt nicht jedem, was man macht. Das ist klar. Aber in der Summe überwiegt das Positive. Ein eigenes Magazin ist zudem ein Jugendtraum, den ich nun verwirklichen kann. Manchmal wenn ich einen Podcast aufnehme, erinnere ich mich an meine Versuche vor 20 Jahren mit einem Cassettenrekorder und wie sehr ich mir damals ein Mischpult gewünscht habe. Heute habe ich das alles, vor allem in Form meines Laptops.
Dass das alles sehr viel Arbeit macht und Kraft kostet, ist natürlich ebenso richtig.
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Frage: Sie sind seit 1997 im Internet aktiv. Was hat sich in diesen zehn Jahren für Sie im Web geändert?
Antwort: Sehr, sehr viel. Die Hürden, ein eigenes Projekt oder gar viele eigene Projekte zu starten, sind nicht einfach niedriger geworden: Sie sind praktisch verschwunden. Für ein paar Euro besorgen Sie sich heute eine eigene Webadresse. Sie haben die Auswahl unter zahlreichen kostenlosen Systemen zur Website-Verwaltung, die auch professionellen Ansprüchen genügen. Sie können Audio und Video einsetzen. Sie können per Suchmaschinen-Optimierung zehntausende, hunderttausende Besucher bekommen. Kurz: Mit dem nötigen Fachwissen und der nötigen Zeit können Sie heute mit geringen finanziellen Mitteln selbst gegen Firmen anstinken. Das war 1997 in dieser Form noch lange nicht möglich.
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Frage: Sie sind seit 2003 Blogger und betreiben etliche Weblogs. Können Sie Ihre Weblogs (mit Link) jeweils kurz vorstellen?
Antwort: Angefangen habe ich mit einer Trilogie privater Weblogs. Jedes habe ich ein Jahr geführt. Das letzte ist noch unter http://www.jati.de/3 zu finden. Privat blogge ich gemeinsam mit meiner Freundin unter http://www.danijati.de je nach Lust und Laune. Aus einem früheren Projekt, für das heute leider wenig Zeit ist, stammt das IONblog unter http://www.blog.internet-optimal-nutzen.de. Ich hoffe, dass ich hier zumindest über Suchmaschinen-Optimierung und Suchmaschinen-Marketing mal wieder mehr schreiben kann. Den Nanopub unter http://www.nanopub.de habe ich von Marcus Puchmayer übernommen, als er nicht mehr genug Zeit hatte, um sich darum zu kümmern. Es gibt noch mehr Projekte, an denen ich mitgewirkt habe, aber die alle aufzuzählen, würde hier zu weit führen. Wie man sieht, wird auch längst nicht alles aktualisiert.
Manches Experiment ist abgeschlossen, andere ruhen. Ich konzentriere mich derzeit fast ausschließlich auf UPLOAD.
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Frage: Sie sind sowohl Journalist als auch Blogger. Zwischen Journalisten und Bloggern gibt es unleugbar gewisse Spannungen bzw. Vorurteile. Kennen Sie die Ursachen hierfür?
Antwort: Fehlendes Wissen übereinander ist (wie so oft) ein Problem.
Ich finde: Eigentlich sind Blogger und Journalisten so unterschiedlich wie Journalisten und Buch-Autoren. Nicht jeder Reporter kann einen Thriller schreiben. Und nicht jeder Blogger wäre als Journalist geeignet - und umgekehrt. Irgendwann wird man vielleicht akzeptieren, das "Bloggen" eine eigene Form des Schreibens darstellt und Frieden miteinander schließen.
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Frage: Auf der Webseite von „UPLOAD“ steht der Hinweis „Dieses Weblog beachtet den Pressekodex“. Tun dies nach ihren Beobachtungen die meisten Weblogs?
Antwort: Nein. Aber das haben sie mit zu vielen Journalisten gemein. Berufsehre und Ethos spielen nach meiner Meinung eine viel zu geringe Rolle. Ich würde mich freuen, wenn sich mehr Blogger und mehr Journalisten wieder dazu bekennen würden, das sie eine Verantwortung dafür tragen, was sie berichten und wie sie es tun. Das klingt sicher sehr altmodisch und vielleicht auch oberlehrerhaft. Ich möchte zugleich nicht ausschließen, dass ich meine Sorgfaltspflicht bisweilen vernachlässige. Aber trotzdem ist es mir persönlich wichtig, dafür zu werben und dazu zu stehen.
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Frage: Bei „UPLOAD“ findet man eine „Weltkarte der Blogosphäre“, die man mit Quellenangabe auf andere Weblogs entführen kann. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Antwort: Das ist gemeinsam mit meiner Freundin an einem Abend entstanden. Wie genau, kann ich heute nicht mehr rekonstruieren. Sie hatte aber so eine schöne, altmodische Karte für eine Hausarbeit entdeckt. Sie studiert Alte Geschichte und Archäologie. Und irgendwie kamen wir auf die Idee, einmal eine Karte der Blogosphäre zu machen. Wir haben uns gegenseitig die verrückten Ideen zugeworfen, Sie hat sie gezeichnet und dann haben wir sie rausgebracht. Und ich bin mir sicher: Es gibt noch den einen oder anderen unentdeckten Kontinent, der auf der Karte fehlt ...
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Frage: „UPLOAD“ wird in der Blogosphäre bereits stark beachtet. Sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden und was planen Sie noch?
Antwort: Die Entwicklung von UPLOAD ist für mich persönlich phänomenal und ich hatte damit nie in dieser Form gerechnet. Letztlich ist es aber noch immer ein sehr, sehr kleines Projekt.
Mir ist es wichtig, dass die Qualität stimmt. Da es derzeit nur ein sehr kleines Team gibt, kann es natürlich nicht jeden Tag einen großen Artikel geben. Ich habe aber lieber nur einmal die Woche einen Artikel und dafür einen richtig guten, als fünfmal die Woche etwas Halbgares. Das ist jedenfalls der Anspruch. Ob wir dem gerecht werden, müssen die Leser entscheiden.
Da alle Beteiligten einen Hauptberuf und andere Verpflichtungen haben, muss es natürlich trotzdem überschaubar bleiben. Da dauert es eben schonmal Wochen oder Monate, bis ein Text wirklich fertig ist. Manche finden das "unbloggig". Die bisherigen Rückmeldungen zeigen aber, dass viele Leute die Mühe zu schätzen wissen.
Für die Zukunft möchte ich vor allem weitere gute Autoren und versierte Experten für UPLOAD begeistern. Im Hintergrund bereiten wir aktuell zwei größere Themen vor, aus denen erst einmal eine kleine Artikelserie wird und bei entsprechendem Interesse eventuell ein eigenes PDF-Magazin. Beim PDF gehen die Gespräche schon bis zur Nummer 5 im Sommer 2008. Solche Sachen muss man vorbereiten, die Monate gehen schnell ins Land. Und wie oben erwähnt: Auch für den Podcast suche ich noch Mitstreiter. Ich bin da in Kontakt mit jemandem, den ich gern dafür gewinnen würde. Mal sehen ...
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Frage: Das Internet spielt auch in Büchern aus Ihrer Feder eine wichtige Rolle. Welche Titel von Ihnen sind gegenwärtig im Handel erhältlich?
Antwort: "So wird Ihre Homepage erfolgreicher" ist als Buch erhältlich, müsste von mir allerdings mal überarbeitet werden. Sehr beliebt ist mein Ratgeber mit Tipps und Tricks zum Werbesystem Google AdWords, den ich ausschließlich als E-Book selbst verkaufe. Eventuell wird es solche E-Books und Bücher auch künftig zu den Themen von UPLOAD geben. Aber da ist noch nichts Konkretes geplant.
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Frage: Bisher publizieren Sie bereits für Nachrichtenagenturen, Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunksender, Ihre Weblogs, Ihr PDF-Magazin, Ihr Forum, Ihren Newsletter und Ihren Audio-Podcast und wer weiß wo sonst noch. Steht in naher Zukunft auch ein eigener Internetfernsehsender oder ein anderes eigenes Medium auf Ihrer Wunschliste?
Antwort: An Medien mit regelmäßigem Erscheinungstermin wage ich mich, abgesehen vom PDF-Magazin, derzeit nicht heran. Dann artet der Spaß irgendwann doch in Stress aus und man greift ein Thema auf, weil man unbedingt eines braucht. Das Stichwort "Video" ist aber auf jeden Fall interessant.
Ein Traum ist es natürlich, journalistisch immer unabhängiger zu werden.
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Frage: Wenn man Ihre vielfältigen Aktivitäten in den Medien kennt, kann man sich kaum vorstellen, dass Sie dies alles neben Ihrem Hauptberuf als Journalist allein in Ihrer Freizeit bewältigen. Werden Sie von Helfern und Helferinnen tatkräftig unterstützt?
Antwort: Zum Glück ja! Der innerste Kern ist allerdings sehr klein. Neben mir gehört meine Freundin dazu, die oftmals auf mich verzichten muss und mich gleichzeitig mit Ideen und Meinungen unterstützt. Gerade wenn es darum geht, etwas zu wagen, ist sie fest an meiner Seite. Außerdem zählt Olaf Penke dazu, der das Layout des PDF-Magazins macht, mit dem wir zu dritt herumspinnen und auch mal darüber diskutieren, was bei UPLOAD eigentlich gut läuft und was eher nicht. Dazu gibt es einen immer größeren Kreis von Freunden und Mistreitern, die etwas beitragen oder für Fragen zur Verfügung stehen, Ideen und Meinungen beitragen. Das finde ich klasse. Nichts ist schlimmer, als die ganze Zeit im eigenen Saft zu schmoren. Da bin ich sehr dankbar. Wenn es diese vielen Helfer nicht gäbe, wäre das alles gar nicht möglich.
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Die Fragen für das Interview stellte Ernst Probst, Betreiber des Weblogs „medien-news“ – http://medien-news.blog.de
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